Die Erschöpfung der Frauen

Wider die weibliche Verfügbarkeit

Droemer-Knaur-Verlag, 2021

304 Seiten

ISBN 978-3-426-27858-1

Frauen müssen alles können – müssen Frauen alles wollen?

Wenn die Autorin Franziska Schutzbach an den Beginn ihres sorgfältig und umfassend das Thema beleuchtenden Buches dieses Statement stellt: „aber ich war zu erschöpft“ wird ein persönliches Gefühl zu einer Beschreibung eines kollektiven Gefühls.

In einer Zeit des gesellschaftlichen Backlash, der der Pandemie einen kräftigen Auftrieb verdankt, ist die Erschöpfung der Frauen noch weitaus mehr ein zentrales Thema. Eines, das durch viele Jahre hindurch unter anderen Vorzeichen längst entstanden und vorhanden ist. In jedem der Kapitel wird diese Entwicklung so deutlich dargestellt und aufgeklärt, dass fast jede einzelne Frau sich wiederfindet. Aber auch, welche Formen der Bewältigung, sich der eigenen Kraft und Stärke bewusst zu werden und zu sein, sich entwickelt haben. 

Individuelle und kollektive Erfahrungen sind es, die klar machen, weshalb die Erschöpfung kein Versagen signalisiert sondern Ausdruck einer permanenten, nie enden wollenden Herausforderung sind. Der Herausforderung, als Frau geboren zu werden und sich unentwegt in dieser Welt, in dieser Gesellschaft, ohne Rechtfertigung erleben und leben zu können, nicht nur zu dürfen.

Die persönlichen Beiträge von Frauen, die in den einzelnen Essays aufscheinen, sind die Zeugnisse, die deutlich machen, in welchen Situationen ihres Lebens sie was genau erleben und durchleben: als eine Frau in einem bestimmten Zeitalter, als eine Frau in einer ihr vielfältigen, zugedachten Rolle, als eine Frau in einer Gesellschaft, die ihren Platz bestimmen will – eine Bauernfigur auf dem Schachbrett, die erst dann zur Königin wird, wenn sie es bis auf die andere Seite geschafft hat. Oder aber als Frau, die um ihre Freiheit und Selbstbestimmtheit kämpft, immer wieder. 

Jedes der Kapitel lohnt sich, gelesen zu werden. Mit einem tiefen Einblick in zahlreiche Beiträge aus der ganzen Welt.  Von Frau – und Mann, mit jedem soziokulturellen Hintergrund, Geschlechterdiversität. Ein Buch, das Aufmerksamkeit und sorgfältiges Lesen verlangt. —

Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger 

Transparenz: Das Rezensionsexemplar wurde dankenswerterweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.