Hain

Esther Kinsky

Geländeroman

Suhrkamp Verlag 2018

283 Seiten

ISBN 978-3-518-46951-4

Gemalte Worte erzählen das Leben in Olevano, dem Ort, in dem die Geschichte beginnt. Die Tage, die Stunden, die Nächte sind ein wunderbares und von unendlicher Genauigkeit gezeichnetes Bild. Eine seltsame Art der Traurigkeit liegt über allem, oder ist es die Nachdenklichkeit? Jeder Tag hat seine besondere Bedeutung, ebenso wie jeder Ort in Olevano und seiner Umgebung. Da die Einheimischen in ihrer eigenen Ordnung, dort die Afrikaner, die bunten Handel treiben.

Fast behutsam erkundet sie die Gegend rundherum, bleibt stehen, beobachtet, hört den Geräuschen der Menschen zu. Reist weiter, hinein in die Großstadt mit ihren anderen Lauten, Gerüchen, Bildern, erlebt an verschiedenen Orten unterschiedliche Nuancen von Grau, Katzentage und Hundetage. Die Jahreszeiten ziehen durch das Land, in dem sie beobachtend Ausschau hält. Auch die Suche nach einer Verstorbenen verschwindet im Laufe der Tage. Die Haine verändern sich in den Monaten. Aus dem Abschied von Italien tauchen die Erinnerungen an Zeiten mit dem Vater auf, der ihr Italien gezeigt und erschlossen hat und mit ihm die wunderbare Farbe Lapislazuli.

Wieder kehrt sie auch nach seinem Tod zurück nach Italien, erinnert sich an ihre Kindertage dort, denkt nochmals an Vaters Erzählungen. Nachts hört sie dem Wind zu und den Vogelrufen in der Dunkelheit, auf einer langen Reise durch Vergangenheit und Gegenwart.

Wer die Sprache von Esther Kinsky kennt, die in ihren Übersetzungen vieler Bücher zwischen Präzision der Worte und nacherzählten Geschichten schwebt, erlebt sie hier in ihrem eigenen Buch. Mit ebenjenem hinreißenden Talent, besondere Texte zu schreiben, die tief berühren. —

Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger

Transparenz: Das Rezensionsexemplar wurde dankenswerterweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.

Die Hörrezension „Lesen mit den Ohren“: https://die-hoerrezension.letscast.fm/episode/hain