Poesie und Disziplin
Dieter Schrage und der unterirdische Strom der Anarchie
Robert Sommer
Verlag Mandelbaum Wien, 2016
301 Seiten
ISBN 978-3-85476-649-0


Dieter Schrage gehört zu den Unvergesslichen. Ihm in diesem Buch zu begegnen, bedeutet tief in die Geschichte der Alternativbewegung einzutauchen. Er, ein „einsamer Kämpfer“, der so vielen den Weg bereitet hat, wusste nur zu gut, wie man politischen Kampf mit Kultur vereint, um die Anliegen seiner Zeit vor den Vorhang zu bringen.

Revolution braucht immer auch die Poesie, um ihr den Glanz zu geben, der wichtig ist. Aus den großen und wichtigen Anliegen der 70-er Jahre, diesem Aufbruch der modernen Anarchie, hat er Erlebbares gemacht ohne dabei faule Kompromisse zu schließen.
Entschlossenheit, Talent der Repräsentation und Intellekt waren seine „Waffen“. Die Projekte dieser Zeit hatten, wenn er sich daran beteiligte, immer ein Ziel vor Augen. Neue Wohnformen, offene Kulturstätten, moderne Kunst niederschwellig und sein Credo: „Vor allem aber brauchen wir einen langen Atem“. Und den ewigen Kampf, um finanzielle Unterstützung durchzukämpfen, um das Unmöglich scheinende möglich zu machen – wie zum Beispiel das WUK in Wien.


Als konsequenter Streiter für die sogenannten Unterdrücken, vor allem der freien Szene und offenen Lebensformen, war er auch derjenige, der bei den damals großen Hausbesetzungen mit seiner Autorität gegenüber Behörden unerschrocken geblieben ist.
Subkultur, Gegenkultur, die Summe von Lebensformen, Wiener Aktionismus, die Auseinandersetzung mit dem Kommunenwesen, der Kampf um die Öffnung von Heimen, um Menschen aus veralteten Einrichtungen zu befreien, seine Auseinandersetzung mit
den politisch Mächtigen der Stadt, all das in einem einzigen Leben zeigt dieses Buch, das Robert Sommer ihm gewidmet hat. Es ist nicht nur aus dem Nachlass, den die Stadt Wien verwaltet, entstanden. Es ist ein literarisches Werk von besonderem Wert, das Robert Sommer hier geschrieben hat und eine Fundgrube für alle, die diese Zeit miterlebt, mitgestaltet haben – oder heute mehr darüber wissen wollen über eine Zeit, in der ein Mann wie Dieter Schrage mit Worten, Taten und einem ganz besonderen Charisma diese Stadt mitgeprägt haben.


Robert Sommer hat mit anderen die Straßenzeitung „AUGUSTIN“ gegründet, die bis heute den Zeitgeist beeinflusst hat und ist Theodor Kramer-Preisträger des Jahres 2006. —

Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger

Transparenz: Das Rezensionsexemplar wurde dankenswerterweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.

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