Ich freue mich sehr über diesen Gastbeitrag von Karin Eder über das Thema Validation. Sie ist Pflegedienstleiterin beim Kuratorium Wiener Pensionisten Wohnhäuser und berichtet hier in ihrer Eigenschaft als Leitende des #demenzRAUMs und Kompetenzteams Demenz über die Validation im Umgang mit Menschen, die von einer dementiellen Erkrankung betroffen sind.

Validation im Pflege- und Betreuungsalltag

Kennen Sie das auch!? Kolleg:innen, die eine Ausbildung als Validationsanwender:in haben aber dann im Alltag gibt es keine Möglichkeit zur Umsetzung?

Ist es tatsächlich so schwer, diese Ausbildung dann in der Pflegepraxis umzusetzen oder wird oftmals die Erwartung zu hoch gesetzt? Liegt es an der nicht vorhandenen Zeit im Arbeitsalltag? 

Hier ein Versuch, die Validation in einem Setting, wo gut abgewogen werden muss, welche Prioritäten vorliegen und was alles getan werden muss damit es Menschen mit kognitiven Einschränkungen gut geht und ein gelingendes Miteinander von Betroffenen und Pflegepersonen möglich wird.

Was genau ist denn Validation?

Validation ist eine Kommunikationsmethode und empathischer Zugang zu sehr alten Menschen. Es ist eine Handlungsmethode welche hilft Stress zu reduzieren sowie die Würde und das Wohlbefinden zu erhöhen. Die Validationsmethode hat ihren Ursprung im empathischen Zugang und der ganzheitlichen Betrachtung des Individuums.

(Quelle: https://vfvalidation.org/get-started/what-is-validation/)

Validation wird oft missverstanden, als die Lösung aller Probleme in der Kommunikation mit Menschen mit dementieren Erkrankungen. Zwar ist diese Form der verbalen und nonverbalen Kommunikation ein guter Zugang, allerdings nicht um alle Menschen mit dementieren Erkrankungen zu erreichen. Vorrangig geht es in dieser Methode um die Kommunikation mit hochbetagten Menschen und an Alzheimer erkrankten Menschen. Zwar kann jeder Mensch validiert werden, denn in der Grunddefinition bedeutet dies, das Gesagte des Anderen für Wahr befinden, aber nicht immer kann man dadurch einen Zugang zum Gegenüber finden. Schaden kann diese Methode allerdings nie. Trotzdem, wenn Menschen zusätzliche psychiatrische Erkrankungen haben, kann diese Art der Kommunikation auch oft nicht greifen oder den gewünschten Erfolg bringen. Grundsätzlich geht es auch nicht darum, den Anderen zu verstehen, es geht darum ein Verständnis im Sinne der Empathie zu entwickeln. Dies bedeutet etwas komplett anderes. Denn in der Kommunikation mit Menschen mit kognitiven Einschränkungen und dementiellen Erkrankungen geht es nicht darum, jemanden zu verstehen, es geht darum, das hinter der Kommunikation versteckte aber für das Verhalten ursächliche Gefühl zu identifizieren und auf dieses Gefühl reagieren zu können. Also das Gefühl zu verstehen, nicht die Handlung. 

Wie kann Validation im Pflegealltag umgesetzt werden?

Validationsgespräche folgen einem gewissen Rahmen. Sie starten mit der Begrüßung, gefolgt durch Kommunikationstechniken, die durch bestimmte Fragestellungen und Körperhaltung sowie Berührungen, (Naomi Feil spricht von einer verankerten Berührung), einer Zeitbeschränkung, die von der Anwender:in bzw. dem Betroffenen gesetzt werden und einer Verabschiedung. Validationsgespräche brauchen Privatsphäre, sie müssen daher aktiv geplant werden, bzw. können akut erfolgen, wenn Bedarf besteht (z.B.: eine Bewohner:in möchte unbedingt jetzt nach Hause und die Situation eskaliert, weil sie natürlich nicht versteht, warum sie nicht einfach gehen kann bzw. vielleicht kann sie gar nicht mehr gehen und schreit deshalb), dann braucht es sofort ein Validationsgespräch aber auch den dienstlichen Rahmen dafür. 

Kurze validierende Gespräche können immer stattfinden, auch während Pflegehandlungen, sie ersetzen aber das eigentliche Validationsgespräch nicht. Denn im Validationsgespräch geht es darum, jenes Gefühl, welches die Betroffene/der Betroffene ausdrücken möchte anzusprechen und in der Bearbeitung des Gefühls zu unterstützen. Denn wenn Gefühle ausgelebt werden können, so verlieren sie an Intensität, Feil spricht davon, Trauer ausleben zu können, um den Schmerz zu reduzieren zum Beispiel.

Nehmen wir an, die Bewohner:in schreit, weil sie unbedingt nach Hause möchte. So muss die Pflegeperson, die das Gespräch durchführt, einen Kontakt zur Bewohner:in herstellen, das Gefühl ansprechen (sie sind traurig, weil sie nach Hause möchten) und mit Fragetechniken das Gepräch so leiten, dass das Gefühl ausgelebt werden kann (erzählen Sie mir von Zuhause, ist es dort schön? Haben Sie dort etwas wichtiges zu tun?). So kann die Bewohner:in darüber sprechen, was sie gerade berührt und damit auch ausdrücken warum sie nach Hause möchte, was damit verbunden ist. Es ist nicht möglich, sie auf der kognitiven Ebene zu erreichen, aber über die Gefühlsebene sehr wohl. Vorausgesetzt, die Bewohner:in hat eine Altersvergesslichkeit bzw. Morbus Alzheimer. Wenn eine zusätzliche psychiatrische Diagnose vorliegt, muss die Pflegeperson sich bewusst sein, dass das Gespräch nicht wirken wird, der Zugang zur Bewohner:in anders gesucht werden muss. 

Was brauchen Validationsanwender:innen, um auch gut arbeiten zu können?

Ausgebildete Validationsanwender:innen sollten die Validationsgespräche geplant und im Rahmen ihrer Dienstzeit durchführen können. Denn wenn es im Pflegeteam ausgebildete Kolleg:innen gibt, so profitiert das gesamte Team und auch die Kund:innen von diesen geplanten Gesprächen. Anwender:innen geben an, dass Nachtdienste mit eingeplanten Validationsgesprächen vor dem zu Bett begleiten der Bewohner:innen dazu führen, dass diese besser schlafen und die Nächte ruhiger verlaufen. Allerdings müssen die Gespräche eingeplant und der Zeitrahmen und Raum dafür geschaffen werden. Einfach nur ein Gespräch vor dem Einschlafen kann nicht mit einem Validationsgespräch verglichen werden. Beides ist essentiell, aber therapeutisch wirksam ist das Validationsgespräch laut Praktiker:innen auf jeden Fall im Gegensatz zu normalen kurzen Gesprächen. 

Was sind die Grenzen der Validation? Wann braucht es eine Verbindung zur Psychologie?

Validation ist kein Allheilmittel, wie jede Kommunikationsmethode hilft sie bei richtiger Anwendung. Genau hier entsteht die erste Grenze. Anwender:innen müssen die Zielgruppe identifizieren können, sie müssen mindestens eine Level 1 Ausbildung haben, um das Dreieck Technik-Grundhaltung-Theorie verbinden zu können. Die Grundhaltung alleine reicht nicht aus, sie ist Voraussetzung. Erst durch das theoretische Wissen kann die Zielgruppe richtig identifiziert werden und auch Rückschlüsse auf die Hintergründe der Bedürfnisse (in welcher Lebensentwicklungsphase sich diese manifestiert haben und nun nochmals wirken) geschlossen werden.

Kurze Fortbildungen in Validation reichen für diese komplexe Kommunikationsmethode nicht aus. Diese Fortbildungen verschaffen die Möglichkeit zu verstehen, was Validation bewirken kann. Aber sie können die Ausbildung nicht ersetzen. Eine zweite Grenze stellt jene zur Psychologie dar. In Validationsgesprächen kann es passieren, dass Traumata ausgesprochen werden, die mehr Unterstützung zur Bearbeitung benötigen als Validationsgespräche, hier müssen andere Berufsgruppen wie zum Beispiel Psycholog:innen oder Psychiater:innen hinzugezogen werden. 

Validation ist eine wichtige Kommunikation-therapeutische Methode für viele Berufsgruppen

Als therapeutische Methode ist Validation nicht nur wichtig für die Pflege, auch andere Berufsgruppen können Validation anwenden. Es bedarf keiner pflegerischen Grundausbildung und kann für jede Berufsgruppe und auch An- und Zugehörige bereichernd sein.

Für den Einsatz in der Pflege bedarf es allerdings wie oben schon beschrieben Rahmenbedingungen, welche durch die Führung (Direktor:in, Pflegedienstleitung, Bereichs- oder Stationsleitung) mitgetragen und unterstützt werden müssen. Sonst ist eine fachlich richtige Anwendung schwer möglich, Pflegepersonen werden aufgrund der nicht vorhandenen Zeitressourcen frustriert und hören auf Validation anzuwenden. Ebenso braucht es das Verständnis des Teams für die Validation, um nicht in die Situation zu kommen, dass das Team keinen Rahmen für die Anwender:innengespräche zulässt. Dazu können Fortbildungen für das Team sinnvoll sein, damit das Verständnis geschärft werden kann und dies nicht auch noch eine Aufgabe der Anwender:in ist. —

Text: Karin Eder

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