Kunst im Dienste von Diplomatie und Propaganda ist ein altbewährtes Mittel. Kunst als Ausdruck von Freude und Freundschaft ebenfalls. Die Ausstellung im Sondersaal des KHM ist genau das und macht auch kein Hehl daraus: „Die Eremitage zu Gast“ im KHM wird von der österreichischen und der russischen Gasgesellschaft offiziell finanziell unterstützt. Dieses Sponsoring ist ein Geschenk zum 50-Jahr-Kooperationsjubiläum. Die Eröffnung wurde zur „Chefsache“ erklärt. Der russische Präsident Putin nahm bei seinem Eintagesausflug nach Wien den Eröffnungstermin wahr. Welch ein Zeichen…

Es sind genau 14 Meisterwerke, die aus den reichen Sammlungen der Eremitage von St. Petersburg nach Wien kamen und hier auf 14 Partner-Bilder im Sonderausstellungssaal trafen. Ein Bild der Eremitage im Dialog mit einem des KHM. Im klassischen Tanz würde man von einem Pas de deux sprechen.

Warum hatte man sich entschieden Bilderpaare aus den Sammlungen beider Häuser zusammen zustellen?

Damit werden mehrere Gedanken ausgedrückt. Zum einen die Kooperation auf dem wirtschaftlichen Sektor der beiden Gasgesellschaften, zum anderen der ebenbürtige Austausch von hochgradigen Kulturgütern zweier großer Museen. Weiters auch die Parallelität in der Geschichte der Sammlungen sowie zuletzt die politische Dimension. Betont wurde auch von Seiten des russischen Direktors wie sehr Kultur ein diplomatisches Mittel sei und über jeglicher Politik stünde. Interpretation: die Politik schickt die Kultur vor in ihrem Namen Wege zu ebnen. Große Namen als Türöffner.

Die Auswahl sollte auch „heimische“ Besucher neben den klassischen KulturtouristInnen anziehen. Kommuniziert wird die Sammlungsgeschichte beider Häuser, die typisch für die Entstehungsgeschichte der europäischen Museumslandschaft ist und die kunsthistorischen Aspekte von fast 300 Jahren europäischer Malerei.

Die Themen

Wegen der geringen Anzahl an Bildern sind auch die Themenkreise reduziert. In erster Linie werden Porträts präsentiert. Dazu kommen noch Landschaften, Allegorien, Andachtsbilder, Historienmalerei und Genreszenen.

 

Reverenz an zwei bedeutende Frauen

Über allem ruhen die Augen von zwei berühmten Frauen, die auch für die Sammlungsgeschichte von Bedeutung sind: Die Porträts von Zarin Katharina der Großen und Maria Theresia hängen an prominenter Stelle. Katharina ließ die Sammlung so beträchtlich anwachsen, dass die Eremitage vergrößert werden musste. Unter Maria Theresia wurden die Wiener Bilder von der Stallburg ins Belvedere übersiedelt. Hier wurden sie enzyklopädisch und chronologisch aufgehängt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das erste Museum im heutigen Sinn war geboren.

Zwei Männerporträts

Unter den Porträts befindet sich ein Selbstporträt von Anthonis van Dyck. Es zeigt ihn als selbstbewussten jungen Mann von ca. 23 Jahren in vornehmer Kleidung und Haltung. Ein Malerfürst mit schönen, feingliedrigen Händen, kein unterwürfiger Untergebener mit Farbflecken an Gewand und Haut.

 

van Dyck, Selbstporträt
Anthonis van Dyck (1599-1641), Selbstporträt 1622/23, Leinwand, Copyright St. Petersburg, Staatl. Eremitage, 2018, Foto: Vladimir Terebenin

 

Das Wiener Bild dazu zeigt Nicholas Lanier. Er entstammte einer französisch-italienischen Musikerfamilie und war selbst Musiker. Ab 1626 war er „master of the king’s music“ unter Charles I. Ihm wurde aber noch eine weitere Rolle zuteil. Lanier wurde vom König beauftragt Kaufverhandlungen zur Sammlung des Herzogs von Mantua zu führen. Ein Vergleich der Malweise verrät: Sein Bildnis wirkt distanzierter als das Selbstporträt van Dycks.

 

van Dyck, N. Lanier
Anthonis van Dyck (1599-1641), Nicholas Lanier 1628, Copyright KHM-Museumsverband

 

Landschaftsporträt und Phantasielandschaft

Jakob Philipp Hackert erhielt Aufträge sowohl von Katharina als auch von Maria Theresia. Er war der bedeutendste Landschaftsmaler des frühen Klassizismus und ein „Landschaftsporträtist“ – allerdings zwischen Realität und Ideal wie es dem damaligen Geschmack entsprach. Hackert war unter den ersten Malern, die sich in die freie Natur begaben, um Zeichnungen und Aquarelle anzufertigen. Bilder von ihm sind in den Sammlungen der Akademie und des Belvederes zu finden, nicht jedoch in jenen des KHM.

 

J.Ph. Hackert, Agrigent
Jakob Philipp Hackert (1737-1807), Blick auf die Tempel von Agrigent I 1778, Copyright: St. Petersburg, Staatl. Eremitage, 2018

 

Im Gegensatz dazu ist das Bild von Thomas Gainsborough eher ein Phantasiebild. Er arrangierte auf Tischplatten Kohle, Moos, Kork, Sand zu „Landschaftsgefügen“. Es ist übrigens eines der wenigen englischen Bilder des KHM.

 

Th. Gainsborough, Sudbury, Suffolk
Thomas Gainsborough (1727-1788), Landschaft bei Sudbury, Suffolk um 1749, Copyright: KHM-Museumsverband

 

Die Ausstellung wird auch in St. Petersburg vom 4. Okt. 2018 bis 13. Jänner 2019 zu sehen sein. Dann ist das KHM dort zu Gast. Bilaterale Beziehungen nennt man das. Da nicht alle Bilder reisen dürfen, gibt es einen Ersatz. Sowohl im KHM als auch in der Eremitage. Im Katalog werden alle 16 Bildpaare präsentiert.

Die Eremitage zu Gast. Meisterwerke von Botticelli bis van Dyck. KHM, bis 2. September 2018, während der Sommermonate täglich geöffnet. Reiches Begleitprogramm.

Weitere Infos: http://www.khm.at