Der Anfang von morgen
Roman
Jens Liljestrand
S. Fischer Verlag GmbH 2022
540 Seiten
ISBN 978-3-10-397190-3


So ist es, ist es so?
Das Klima geht alle an.

Didrik, Carola und die Kinder haben Urlaub in Schweden. Plötzlich brennt der Wald und züngelt gefährlich um ihre Häuser. Es scheint so völlig unwahrscheinlich, dass der Waldbrand sie erreicht. Also versucht die Familie sich rechtzeitig auf den Weg zu machen, der alte Nachbar bleibt und will das so. Unvorstellbar, dass man plötzlich hilflos ist. Das kann nicht sein. Dass sie geradewegs in eine katastrophale Situation geraten, eine Umweltkatastrophe ungeahnten Ausmaßes in Schweden, wird zum realen Thriller. Alle verzweifelten Versuche, sich und die Kinder zu retten, scheinen sinnlos zu sein, zerreißen sie unterwegs. Sind Umweltkatastrophen Kreuzungspunkte im Leben, die zum Umdenken führen? In dem Chaos dem sie noch entfliehen können, bleiben die persönlichen Konflikte nicht aus. Weil das Leben banal ist, egal was gerade rundherum geschieht.
Camilla, Didriks Geliebte oder eigentlich doch nicht, hat in ihrem wirrem Leben Didrik gedatet, irgendwann. Mit den kleinen Träumen von Zukunft, mit dem Warten auf Didrik über lange Zeit, obwohl klar ist, dass es wohl keine geben wird. Plötzlich ist er wieder da, als verzweifelter Vater mit einem Baby, dem Chaos entronnen, bei ihr gelandet. Auch hier ist das Chaos, Klimademonstranten, Gewalttaten, vermischt mit allem, was sie und Didrik angeht oder nicht mehr angeht.
Die soziale Klasse ist egal, das erfährt auch der Sohn eines ehemaligen Tennisstars. Ob der Vater einfach nicht hinsieht, wenn die Katastrophe heranrollt, immer in der Hoffnung, dass es die Wohlhabenden und Berühmten nicht trifft, zumindest nicht so hart? Auch er versucht, allem zu entkommen und weiß, dass es nicht gelingt.
Was das Klima selbst nicht zerstört, zerstören die Kämpfe, die ausbrechen, der Kampf um das Überleben, der Kampf jeder gegen jeden. Jeder erlebt die hereingebrochene Katastrophe anders und doch gleich. Es gibt kein Entrinnen.
„Die Natur scheißt auf uns. Das ist das Wichtigste, das müssen wir erst mal begreifen. Die Natur kümmert sich nicht“… „Die Natur verhandelt nicht. Sie kann nicht überredet werden oder besänftigt oder genötigt….Wir müssen ihnen klarmachen, dass das Schlimmste nicht das sein wird, was die Natur mit uns macht. Das Schlimmste wird sein, was wir einander antun“.


Ein hartes Buch, das warnt, all jene, die es lesen wollen. Brisant wie die Feuersbrunst, die Teile Schwedens in Schutt und Asche legt oder der Kilimanjaro, auf dem kaum mehr Schnee liegt oder den ausgetrockneten Flüssen und Seen oder… —

Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger

Transparenz: Das Rezensionsexemplar wurde dankenswerterweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.