Königin außer Dienst
Martine Bijl
Ihr Bericht
Paul Zsolnay Verlag Ges.m.b.H Wien, 2021
130 Seiten
ISBN 978-3-552-07230-5
Wenn das Licht im Kopf ausgeht
An einem ganz gewöhnlichen Tag 2015 bricht plötzlich das völlig Unerwartete herein. Der Kopf ist es, der seine normale Funktion auf den Kopf stellt. Bilder, die es nicht gibt, tauchen auf. Die Welt steht Kopf. Blut hat sich im Gehirn breit gemacht.
Es sind keine Geister, es sind die Figuren aus dem Leben, aus den Erinnerungen, die kommen und gehen. Die Menschen, die ihr in der Rehaklinik begegnen, sind aus Fleisch und Blut und fast scheint es so, als ob alles ganz normal wäre oder doch nicht? Dann kommt die Zeit, in der sie um Fortschritte der Genesung ringt, verstehen will und nicht einmal die Zeitung versteht. Ihr Mann Berend ist hingebungsvoll um sie bemüht, sie ist dankbar und versucht zugleich, selbständig zu werden. Auch ohne ihn. Prominent zu sein
als Fernsehstar scheint dazu zu zwingen, Vorbild zu sein, innen und außen. Aber nichts ist, wie es war. Vertraute Plätze werden nicht mehr erkannt und verwirren. Delier, Wahn, Halluzinationen reißen sie hin und her. Der kleine Überwachungsroboter in ihrem Zimmer wird zum Freund, die schwarze Decke der Depression zur Last, die Manie zum Feind.
Martine kämpft um alles, um ihr Leben, um eine kleine Freiheit, gegen sich selbst und gegen ihre Krankheit. Die Königin ist außer Dienst und dennoch dankbar für jeden noch so kleinen Sieg.
Ein Buch, das authentischer nicht sein könnte. Martine Bijl ist 2019 gestorben. Ihr Buch bleibt. —
Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger
Transparenz: Das Rezensionsexemplar wurde dankenswerterweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.