SAID
ein vibrierendes kind
erinnerungen an eine persische kindheit
Verlag C.H.Beck OHG, München 2022
272 Seiten
ISBN 978 3 406 78159 9
Dieses Kind ist ein flirrendes Kind. Leicht wie der Wüstensand und schwer wie ein dunkler Berg. Es ist im Buch ein Kind ohne Namen in aller Welt, die sich immer nur in seiner Gegenwart abspielt. Die Rituale, die es miterlebt verwirren anstatt zu festigen. Das Kind klammert sich an die wenigen Erwachsenen, gleitet durch die Tage, in einer fernen Welt. Wer bleibt bei ihm, wer verläßt ihn und läßt ihn allein? Kindlicher Schmerz und kindliche Freude durchlaufen seine Tage. Immer wieder wirddas Kind zwischen den Kämpfen der Erwachsenen seiner Familie, die sich gegeneinander richten, hin- und hergezerrt.
Der allmächtige Vater bestimmt, wie das Kind das Leben erlebt. Was sind Frauen in seinem kulturellen Umfeld, was macht Männer aus, es lebt in einer archaisch anmutende Welt des damaligen Irans. Nur allmählich dringt die Welt von draußen in sein Leben, der Bräutigam aus Amerika, das Pepsi Cola, die jüdischen Nachbarmenschen, „Zigeuner“, die ihre Zelte aufschlagen – Rassismus, Antisemitismus, Islam, Christentum, vieles bleibt fremd, ohne Erklärung, rätselhaft für das Kind. Den Erwachsenen nahe zu werden, führt durch alle Höhen und Tiefen. Erste sexuelle Erfahrungen ohne und mit Liebe, aus Kindertagen hin zum Leben als junger Mann in einer vibrierenden Zeit, bis zu dem Tag, an dem das Kind seine Kindheit verläßt, in einem Flugzeug der iran air.
Das Buch spielt in einer Sprache, die trotz der Namenslosigkeit des Kindes diesem Kind gewidmet ist und ein fast zärtliches Zeugnis von SAID hinterlässt. Said ist 2021 verstorben. —
Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger
Transparenz: Ein Rezensionsexemplar wurde dankenswerterweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.