Das Grundgesetz
Ein literarischer Kommentar
Herausgeber Georg M. Oswald
C.H.Beck Verlag OHG, München 2022
380 Seiten
ISBN 978 3 406 79032 4
Wozu sind Gesetze, wenn man sie nicht kennt?
Das (deutsche) Grundgesetz, die Verfassung, prägt Leben das Leben der Bevölkerung.
Man braucht es, um das Miteinander der Menschen zu ordnen, zu regeln, ihnen Struktur zu geben im Zusammenleben. In Worte gefasste Werte einer demokratischen Gesellschaft.
Sind es die Menschenrechte, die uns vor dem moralischen Bankrott bewahren? Was hat das Grundgesetz damit zu tun? „Das Grundgesetz ist ein großes Versprechen. Für seine Einlösung bleiben wir selbst verantwortlich“ heißt es hier.
Ob einzelne Inhalte in den Artikeln in die Jahre kommen, weil sich über die Jahrzehnte hinweg die Lebensrealitäten verändert haben, ob sie überarbeitet werden sollten, müssten, werden, selbst das ist eine Frage, die sich immer wieder stellt und zugleich die Frage aufwirft, wer mit welchem Hintergrund und Anlass diese Veränderungen vornehmen soll.
Wie schafft ein Land, eine Nation, seine eigenen Gesetze, wer schreibt die Verfassung fest? Gehören alle Menschen in einem Land zusammen oder werden einige von ihnen zu Außenseitern gemacht per Gesetz? Jeder Artikel des Deutschen Grundgesetzes findet hier eine AutorIn, eine Betrachtung des Artikels mit einem literarischen Kommentar anstatt des Gesetzestextes. NichtjuristInnen werden nicht von JuristInnen belehrt, sondern von AutorInnen in persönlichen Ansichten mit einem Thema vertraut gemacht, das sie so wohl kaum bisher gelesen haben. Manches, das fast launig klingt, hat dennoch seinen tiefen Sinn. Was zum Beispiel sind Freiheiten, die die Freiheit einschränken? Widersprüche als Erklärung, Kompromisse als Lösung oder doch nur das Ergebnis eines erbitterten Streits um wenigstens irgendwie zu seinem „Recht“ zu kommen? Wer einmal im Leben begonnen hat, sich mit der landeseigenen Verfassung zu beschäftigen, sie zumindest in den Grundzügen gelesen hat, hat sich eine Pflicht auf die eigenen Schultern gelegt – für diese Rechte zu streiten zum Wohle aller oder vieler.
In Zeiten, in denen Demokratien ins Wanken geraten, weil Krisen ihnen zusetzen, haben auch Verfassungsrechte ihre Not, nicht willkürlich von Autokraten gebrochen zu werden, die sich ihre Anhängerschaften gesichert haben und die dazu führen, dass diese wichtigen Gesetze ausgesetzt werden.
Jedes einzelne Kapitel der AutorInnen ist ein eigener Schatz, der behütet werden soll.
Lesenswert, bemerkenswert, bewundernswert. Nicht nur ein Buch zu Gesetzesartikeln, sondern umringt von einer Weltgeschichte. Ein Buch, das man nicht einfach einmal liest und dann im Bücherschrank verstauben lässt. —
Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger
Transparenz: Das Rezensionsexemplar wurde dankenswerterweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.