SALONFÄHIG
Elias Hirschl
Roman
Paul Zsolnay Verlag Wien, 2021
252 Seiten
ISBN 978-3-552-07248-0
In der Haut des Anderen
Smart, jung, trainiert und fit, slim von Kopf bis Fuß. So kniet er täglich vor Julius nieder. Sein Gott.
Der Satz: „Imitiere dein Idol so lange, bis du sein Verhalten perfekt kopiert hast“ ist sein Leitthema. Die Welt außerhalb, die altes Chaos und die neue Zerstörung zeigt, ist nur in unerreichbare Ferne, flimmert über den Bildschirm oder direkt vor seiner Haustüre.
Julius zu begegnen und ihm auf Schritt und Tritt zu folgen, bei Parteitagen, bei öffentlichen Auftritten und wo auch immer, bestimmt seinen Tag. Von niedrigen Diensten bis hin zu der Chance, eines Tages Julius tatsächlich zu vertreten, das gehört zu seinen Lebensaufgaben. Manipulation und perfekte Intrige gehören zum Werkzeug.
Bis dahin beschäftigt er sich ausschließlich mit sich selbst und perfektioniert sich in der Hohlheit und Verlogenheit, die vor selbsttreffenden Gefühlsduseleien nur so strotzen. In seiner Psychotherapie lügt er, so wie sonst im Leben.
Julius wird zum Bundeskanzler gewählt, während er weiterhin die Pflanzen in Julius Wohnung betreut. Die Tage verrinnen zwischen Koks-Lines, Alkohol, Partys, Alibiaktionen in Gedenkstätten, salbungsvollen Worten zu Flüchtlingsproblemen und Jubelgeschrei der eigenen ParteigenossInnen. Seine eigenen Albträume dokumentiert er, ob es seine sind oder die von Julius. Julius stalkt er und fantasiert sich in ihn hinein, stiehlt seine Identität und zieht sie sich über…
Ein Sittenbild der Unsitten in brillantem Stil geschrieben. —
Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger
Transparenz: Buchexemplar ausgeliehen. Kein Honorar.