Der Baum als Ausstellungsujet ist wohl eine große Herausforderung. Im Unteren Belvedere hat sich ihr Kurator Miroslav Hal’ák gestellt. Erweitert wurde das Thema Baum, dem wir als „Baum der Erkenntnis“ oder als „Baum des Wissens“ begegnen um die Beziehung zum Menschen, dh um „die metaphorische Achse der Welt“ – der Baum als Lunge der Welt, als Schattenspender, als energetischer Ruhepol. Was uns zur heutigen Dringlichkeit der Umweltproblematik bringt. Bei der Ausstattung wurde konsequenterweise dem grünen Gedanken Rechnung getragen: es wurde auf Kunststoff als Verpackungsmaterial verzichtet, die Schriften wurden auf Samenpapier gedruckt.
Neben Gemälden und Skulpturen finden sich Installationen und Fotografien, insgesamt 102 Werke von 76 Künstler*innen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ein Katalog und Soundtrack lassen Gesehenes zu Hause nachwirken.
Als P. S. meine Erinnerung an den Bildhauer Franz Anton Coufal, der in der Ausstellung mit einer „kontemplativen Figur“ vertreten ist. Ich war damals ein kleines Kind als ich beim Einkaufen mit meiner Mutter in einem Lebensmittelgeschäft in der Karolinengasse immer wieder einen Kunden sah, der sich eine Jausensemmel holte. Er war immer sehr freundlich, wirkte sehr sympathisch und unterhielt sich – wie es damals in den 1960er Jahren üblich war – gerne mit den anderen Wartenden und mit der Geschäftsinhaberin.
Was diesen Kunden für mich besonders machte: Er sah irgendwie anders aus als andere Männer. Er war in meinen Augen sehr groß und kräftig und trug ein seltsames Kleidungsstück. Statt Hemd und Hose hatte er einen Overall an. Da ich das nicht kannte (kam erst Jahre später in Mode), erinnerte mich der Ganzkörperanzug an einen Strampelanzug – also an Kinderkleidung – und der Mann von der Statur her an einen Bären. Sie sehen eine eigenartige Kombination: Coufal wurde für mich zu einem übergroßen Teddybären im Strampelanzug!
Irgendwann erfuhr ich später seinen Namen und dass er Bildhauer war, sein Atelier hier hatte und den Overall als Schutzkleidung trug. Von ihm ein Objekt in der Ausstellung zu sehen, war eine sehr schöne Begegnung und die Erinnerung an ihn ließ mich innerlich lächeln. Vielleicht werden Sie ein Aha-Erlebnis haben, wenn Sie durch die Ausstellung gehen und an den Teddy im Strampelanzug denken.

GROW. Der Baum in der Kunst, Unteres Belvedere, bis 8. Jänner 2023