NIL
Anna Baar
Roman
Wallstein Verlag, Göttingen, 2021
148 Seiten
ISBN 978-3-8353-3947-7
„Wir werden unsere Geschichten nicht los, ob wir sind nun erzählen oder nicht. Das Künftige ist gesät aus der Vergangenheit.“ Anna Baar
Das Kind bewegt sich zwischen der Realität und seinen Traumbildern, zwischen Eltern, die es überfallen mit ihren Wünschen und Vorstellungen. Es fühlt sich eng verbunden mit den Tieren, die hinter Gittern leben müssen wie es selbst es empfindet und wird eins mit dem einsamen Geschöpf, dem Krokodil.
Zwischen Kindheit und dem nächsten Leben steht eine fantasierte Geschichte, die geschrieben werden muss: Zeugin oder Verdächtigte zu sein, beobachtet von einer Kamera. So wie vor dem Objektiv, das Mutter oft auf sie gerichtet hat. Immer wieder schwimmen die Bilder zwischen Tag, Traum, Vergangenheit, dem Stream des Jetzt. Es soll eine fertige Geschichte werden, ein Roman mit einem Ende.
So entsteht die Geschichte von Sobek, die vieles von dem vereint, was das Kind gedacht und in sich abgespeichert hat. Der Nil ist in Sobeks Fantasie so vorhanden wie das Schwimmkrokodil. Sobeks Geschichte gleitet hinüber in die Geschichte der Frau, die ihm ihre Geschichte diktiert.
Es fließen erdachte Leben ineinander, landen immer wieder an Ufern und treiben dahin.
Um zu einem Ende zu kommen, den gewünschten Roman für den Verlag zu beenden, braucht es das Opfer, die eigene Biographie und die Figuren in ihnen zum Spiel zu machen. —
Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger
Transparenz: Das Rezensionsexemplar wurde dankenswerterweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.