Gewalt in der Pflege
Wie es dazu kommt Wie man sie erkennt Was wir dagegen tun können
Franziska Andratsch Jürgen Osterbrink
Verlag C.H.Beck, München, 2015

ISBN 978 3 406 68 168 4

Vor den derzeitigen Debatten um das Thema Pflege in ganzer Bandbreite ist das 2015 erschienene Buch hochaktuell. Gerade die Pandemie stellt eine enorme Herausforderung für die Pflegeberufe dar. 


Jedes Kapitel zeigt den Weg, wie sich Pflege entwickelt, in ihrem eigenen Umfeld. In der Beziehung zwischen ihr, den PatientInnen, den Angehörigen. Erst wenn die eine Seite sich ihrer Macht bewusst ist, erkennt sie auch die Ohnmacht der anderen Seite. Und hier kann Pflege in vielen Situationen deeskalierend agieren. Zum Schutz der PatientInnen, der Angehörigen, aber stets auch zum eigenen Schutz. 

Dass Gewalt in der Pflege – von subtilsten Formen bis zu echter körperlicher Gewalt – sehr oft der Ausdruck von Überlastung und Überforderung ist, wurde seit längerem wahrgenommen. Die Wege zu finden, die aus Gefühlslagen mit all ihren Nuancen entstehen und die der Hilfe von außen bedürfen, sind präzise beschrieben. Sie aber auch zu nützen, bleibt oft genug bei den Agierenden, die sich in unterschiedlichsten Abhängigkeiten sehen. Hierarchien zum Beispiel sind eine der Hemmschwellen, um rechtzeitig selbst aktiv zu werden. 


Das 6. Kapitel „Was wir gegen Gewalt in der Pflege tun können“, macht so klar, dass es Wege gibt, sich gegen dieses Gefühlsdilemma zu schützen und damit einen Weg zu finden, für sich selbst gut zu sorgen und damit auch geschützter zu sein gegen Überforderung, die möglicherweise zu Handlungen führt, die von der anderen Seite als übergriffig oder gewaltsam erlebt werden. Interessant ist auch immer, sich dessen bewusst zu sein, dass auch ein „zuviel“ an Pflege durchaus als Unterdrückung der Bedürfnisse erlebt werden kann. 


Jedes einzelne Kapitel des sorgfältig aufbereiteten Buches ist umsichtig, geht auf viele Themen der Pflege ein und sollte zur Unterstützungsliteratur aller gehören, die in der Pflege – in welcher Form auch immer – tätig sind. —

Text: Birgit Meinhard-Schiebel, Präsidentin der Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger

Transparenz: Das Belegexemplar wurde dankenswerter Weise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Kein Honorar.