Halloween in der Albertina  und ein starkes Duo: Bruegel und Raffael

Die Zeit des Museums als Kunst- und Bildungskathedrale ist endgültig vorbei. Publikum wird zusätzlich zur Ausstellung mit Theater- oder Tanzvorstellungen, Abendessen, Partys, Yogastunden oder Zaubervorführungen sowie Konzerten gelockt. Nun gibt es eine an den Tableaux Vivants inspirierte Neuinterpretation in der Albertina. Und zwar zu… Halloween. Thema: Kostüm-Contest im Renaissancestil, um einer Muse Raffaels zu gleichen. Doch nicht genug: unter #AlbertinaRaffael auf Instagram, Facebook oder Twitter gepostete Fotos nehmen am Costume Contest teil. Weiteres Highlight des Abends ist eine Modenschau. Mehr auf Facebook #SalonAlbertina.

Nun zu den laufenden Ausstellungen selbst, zu Raffael (1483-1520) und Pieter Bruegel d.Ä. (1526/30-1569). Derzeit zahlt es sich aus etliche Stunden für einen Besuch der Albertina einzuplanen, denn zwei starke Partner buhlen um die Gunst der Besucher. Im 1. Stock befindet sich die Ausstellung über Raffael, im 2. Stock Pieter Bruegel der Ältere.

Raffael (1483-1520): Nicht nur Madonnen

Rund 130 Zeichnungen und 18 Gemälde aus allen Schaffensperioden des umbrischen Meisters aus der Albertina und internationalen Museen wie den Uffizien, dem Louvre, der Royal Collection, dem British Museum usw. wurden für diese Präsentation aufgeboten. Liest man die Leihgeber, möchte man vergessen zu atmen. An den großteils in Madonnenblau gehaltenen Wänden – ein Wink mit dem Zaunpfahl? – wurde das zeichnerische Werk (Vorstudien, Entwürfe zu diversen „Projekten“ etc.) mit Gemälden und Fotos von Fresken ergänzt. Eine vernünftige Entscheidung. Somit kann der Besucher erstens den jeweiligen Entwurf mit dem „endgültigen Ergebnis“ vergleichen und sich zweitens besser orientieren, denn wer hat schon das Gesamtwerk eines Künstlers mit allen Details im Kopf? Vielleicht ein Restaurator oder Kopist.

Ich meine diese Ausstellung ist fast mehr für „Fachleute“, die aus nah und fern nach Wien reisen, um sie zu sehen. Für die Augen vielleicht ein wenig anstrengend, weil die Zeichnungen oft sehr zart sind.

 

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Blick in die Raffael-Ausstellung, Foto: Maria Martin, mit freundlicher Genehmigung von Albertina
Maria mit dem Kind (Madonna Colonna)
Raffael, Maria mit dem Kind (Madonna Colonna), 1508, Öl auf Pappelholz Foto: J.P.Anders Gemäldegalerie Staatl. Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz
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Raffael, Madonna dell’Impannata, 1511, Öl auf Holz Foto: Galleria Palatina, Pal. Pitti, Uffizi, Florenz

 

Pieter der Drollige

Pieter der Drollige wurde Pieter Bruegel der Ältere (1526/30-1569) genannt. Der Spitzname bezieht sich auf Darstellungen menschlicher Laster, auch Todsünden genannt, die er, sich an die Figuren Boschs anlehnend, mit derber Komik versah. Angefangen hatte er aber – und das ist in dieser Ausstellung sehr gut sichtbar – als Landschaftszeichner. Wer ein guter Künstler werden wollte, hatte damals nach Italien zu reisen, was Bruegel auch 1552-53 tat. Die Zeichnungen wurden ab 1554 in Kupferstiche umgesetzt. Wie mühsam die Überquerung der Alpen damals war, lässt sich hier erahnen.

 

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Pieter Bruegel d.Ä. Die große Alpenlandschaft, 1555-56, Radierung und Kupferstich, Albertina Detailaufnahme: Maria Martin, mit freundlicher Genehmigung von Albertina

 

In 80 „Schritten“ bzw. Objekten geht es hier durchs Werk und durch sieben Kapitel. Neben den Landschaften und seiner Interpretation von Bosch kann man sich mit Bruegels Sozialkritik auseinandersetzen. Die Darstellung von Sprichwörtern und moralisierenden Gleichnissen wurde zu seinem Markenzeichen. Von Bedeutung auch die Bildunterschriften, die erst eine umfassende Interpretation ermöglichen.

 

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Pieter Bruegel d.Ä., Kampf der Geldkisten und Sparbüchsen, nach 1570, Kupferstich, Albertina Foto: Maria Martin, mit freundlicher Genehmigung von Albertina

 

Jahreszeitenbilder und Bauernleben, sonst eher im Großformat von ihm bekannt, sind auch im grafischen Werk und damit in der Schau vertreten. Zu guter Letzt ein programmatisches Stück: Maler und Käufer. Eine Zeichnung zeigt ein ungleiches Paar – den intellektuellen, grüblerischen Künstler und den gierigen Käufer mit dem Geldbeutel in der Hand. Ich glaube hier erübrigt sich jeder Kommentar!

Nun zu den „Bewertungen“ (mit Augenzwinkern) der drei Ausstellungen von drei großen Meistern: Rückblickend betrachtet (ich habe schon geschrieben ich war nach jeder begeistert), sind sie „unvergleichlich“. Sehr vereinfacht und respektlos ausgedrückt haben wir einmal das grafische Werk von einem Künstler von dem wir uns wo anders (KHM) die Gemälde anschauen können. Dann haben wir eine, wo Zeichen- und Malkunst vereint sind mit fotografischen Einblicken auf weitere Werke und dann im KHM eine Ausstellung, wo auch noch Objekte anderer Künstler mit einbezogen werden, um die „Herkunft der Idee“ zu veranschaulichen. Damit ist vielleicht die von Rubens die „didaktischste“ der drei Präsentationen. Nun, ich bin nicht Paris, mir wurde nichts versprochen und ich möchte auch keinen Krieg heraufbeschwören. Ich würde alle drei nehmen.

 

„Raffael“ bis 7.1.2018

„Bruegel – Das Zeichnen der Welt“ bis 3.12.2017

albertina.at